SIFEM - Swiss Investment Fund for Emerging Markets

September 2021

Cloudstaff: «Das Homeoffice wird sich dauerhaft etablieren»

Cloudstaff wurde 2005 vom australischen Internet-Pionier Lloyd Ernst gegründet und konzentrierte sich zunächst auf die Softwareentwicklung für westliche Märkte. 2010 erkannte das Unternehmen die Philippinen als aufstrebenden Markt für Outsourcing-Dienstleistungen und weitete seine Geschäftstätigkeit auf die Region aus. Cloudstaff, dessen Team zu Beginn nur sieben Mitarbeitende umfasste, konnte sein Serviceangebot erweitern, den internationalen Kundenstamm ausbauen und die Anzahl der Mitarbeitenden erhöhen.

Das Unternehmen bietet derzeit eine breite Palette von Outsourcing-Dienstleistungen an: Buchhaltung und Finanzen, Backoffice, Werbung und Marketing, Kundenservice, Engineering und Entwicklung, Softwareentwicklung, Software-Qualitätssicherung und technischen Support. Cloudstaff arbeitet mit Unternehmen aus einer Vielzahl von Branchen zusammen, darunter Inkassounternehmen, Zahnarztpraxen, E-Commerce-Betreiber, Unternehmensmanagement, Hypotheken- und Immobilienmakler.

Cloudstaff trägt zur Erreichung des SDG-Ziels 8 bei: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum durch die Beschäftigung von mehr als 3 500 angelernten und ausgebildeten Mitarbeitenden mit unbefristeten Verträgen. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Schaffung eines produktiven, unterhaltsamen und familienfreundlichen Arbeitsplatzes mit modernen, ansprechend gestalteten und perfekt ausgestatteten Arbeitsbereichen den „Number One Workplace“, also den attraktivsten Arbeitsplatz der Philippinen, aufzubauen. Gleichzeitig ist die Einführung der Arbeit im Homeoffice bei Cloudstaff seit der COVID-19-Pandemie von unschätzbarem Wert.

Die Löhne und Sozialleistungen für Mitarbeitende entsprechen den lokalen gesetzlichen Bestimmungen und Normen oder übertreffen diese. Neue Mitarbeitende erhalten eine umfassende Schulung, die nicht nur zur beruflichen Weiterentwicklung beiträgt, sondern auch sicherstellt, dass sie in der Lage sind, die Bedürfnisse der Kunden rundum zu erfüllen. Auch im Anschluss an die Einarbeitung werden regelmässig Schulungen abgehalten. Im Jahr 2020 bot Cloudstaff seinen Mitarbeitenden über 33 000 Schulungsstunden. Die niedrige Fluktuationsrate des Unternehmens (rund 3 % im Jahr 2020) ist ein Beweis für die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten, die das starke Wachstum von Cloudstaff unterstützt hat.

2019 investierte SIFEM 15 Millionen US-Dollar in den Navegar Fund II, der in mittelgrosse philippinische Unternehmen, die Wachstumskapital benötigen, investiert – darunter Cloudstaff. Seit der Investition von Navegar im ersten Quartal 2020 hat der Fonds mit Cloudstaff zusammengearbeitet, um die Expansionspläne des Unternehmens zu entwerfen, die Back-End-Prozesse zu verbessern und das Unternehmen im Hinblick auf seine Umstrukturierung zu beraten.

Im folgenden Gespräch mit SIFEM erzählt Cloudstaff-CEO Lloyd Ernst von den Anfängen des Unternehmens, der Schwerpunktsetzung auf ein kundenorientiertes Angebot, und wie das Unternehmen die Herausforderungen im Zuge der Corona-Pandemie unter anderem durch die Umschulung von Mitarbeitenden bewältigt hat. Lloyd berichtet auch von der „neuen Normalität“ der Arbeit im Homeoffice und betont, wie wichtig es ist, den Mitarbeitenden zur Seite zu stehen.

Die Anfänge – mit einem Abstecher nach China

In der Geschichte von Cloudstaff spielt der Erfolg im Bereich Business Process Outsourcing (BPO) eine ebenso wichtige Rolle wie die Entwicklung internetbasierter Dienste. Lloyd begann seine Karriere bei Microsoft, bevor er einen Internet Service Provider (ISP) gründete, der sich zum grössten ISP in Queensland, Australien, entwickelte. Nach dem Verkauf dieses Unternehmens gründete Lloyd ein Web-Hosting-Unternehmen, das zum Drittgrössten weltweit heranwuchs. Anschliessend zog er nach China, um die aufstrebende Branche der Offshore-Softwareentwicklung zu erkunden.

Zu dieser Zeit waren Softwareentwickler noch schwer zu finden und teuer. Er startete ein Pilotprojekt in Beijing, das dazu beitrug, dass das Unternehmen auf ein 200-köpfiges Team anwuchs. Bei der Durchführung eines grossen Software-Testprojekts wurde die Sprachbarriere in China jedoch zu einem Hindernis. Lloyd erinnert sich: „Ein Freund von mir, der für die Weltbank arbeitete, meinte, ich solle mein Glück auf den Philippinen versuchen.“ So startete sein Team ein Projekt in Manila, das sich schnell als erfolgreich erwies und dem Unternehmen Möglichkeiten zur weiteren Expansion bot.

Lloyd und sein Team erkannten auch den Trend hin zu Cloud-Diensten, da Unternehmen in ihren Büros weniger Infrastruktur wie Server und ADSL-Verbindungen anstrebten. „Der nächste Schritt war, dass sich das Personal nicht mehr im gleichen Land befinden musste. Denn im Grunde konnten die Mitarbeitenden überall auf der Welt arbeiten”, sagt Lloyd. Der Wachstumspfad von Cloudstaff ist mit dem Ausbau cloudbasierter Lösungen für KMU verbunden.

«Dank unserer Partner konnten wir viel bessere Entscheidungen treffen. Sie liefern uns neue Denkansätze, was uns sehr geholfen hat.»

Cloudstaff: ein Unternehmen mit klarer Ausrichtung

Lloyd erklärt: „Die Unternehmen sehen sich mit einem globalen Problem konfrontiert, nämlich den Kosten für die Personalverwaltung. Unternehmen werden in Zukunft kleiner, nicht grösser werden”, davon ist er überzeugt. Er findet zudem, dass sich Unternehmen auf die zentralen Wertschöpfer innerhalb ihrer Organisation konzentrieren sollten. Insbesondere sollten KMU ihre Energie und Ressourcen zunehmend auf den Ausbau Ihres Geschäfts ausrichten und Unternehmen wie Cloudstaff die Betreuung der übrigen Organisationsstruktur überlassen. Lloyd weiter: „Unsere Kunden sind keine namhaften Marken. Es ist gut möglich, dass Ihnen unsere Kunden aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Norwegen oder Australien nichts sagen. Wir arbeiten unter anderem für Immobilienmakler, Baufirmen und Buchhaltungsfirmen. Sie investieren viel Zeit, Geld und Energie in die Ausbildung unserer eigenen Mitarbeitenden, damit wir mehrere Aufgaben für sie übernehmen können. Doch im Gegensatz zu Grossunternehmen besteht unser Team nicht aus 30 Menschen, die ein und dasselbe tun: Wir bei Cloudstaff stellen den Kunden vielmehr eine Person zur Verfügung, die 30 verschiedene Aufgaben beherrscht.“

Schaffung von Arbeitsplätzen und Transfer von Know-how

Infolge des technologischen Wandels und globaler Verschiebungen hat das Outsourcing zugenommen, da Unternehmen in Industrieländern von den niedrigeren Kosten in Entwicklungsländern profitieren. So bietet die Globalisierung auch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten sowie die Gelegenheit, den Lebensstandard in vielen Entwicklungsländern zu verbessern.

Cloudstaff bietet seinen mehr als 3 500 Mitarbeitenden Büroarbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen, internen Schulungsprogrammen und Leistungen, die den lokalen Anforderungen entsprechen oder diese übertreffen. So erhalten beispielsweise Angestellte, die nach 22 Uhr Ortszeit noch arbeiten, eine Prämie.

Cloudstaff bietet auch ein wertvolles Modell für den Kompetenztransfer im KMU-Sektor, wie Lloyd erklärt: „Ich bin mir sicher, dass in fünf Jahren jemand Cloudstaff verlassen und auf dem philippinischen Markt sein eigenes Immobilienunternehmen gründen wird und dabei das Know-how und die Kompetenzen einbringt, die heute bei der Arbeit mit Kunden in Australien erworben werden.“

Entscheidende Unterstützung durch Navegar und Partner

Um seine Expansion voranzutreiben, erhält Cloudstaff Finanzierungsmittel der Private Equity Fondsmanagementfirma Navegar, die wiederum Partner wie SIFEM hat. Lloyd lobt die erfolgreiche Zusammenarbeit: „Dank unserer Partner konnten wir viel bessere Entscheidungen treffen. Sie liefern uns neue Denkansätze, was uns sehr geholfen hat.“

Erfolgreiche Teamarbeit: der Umgang mit COVID-19

Natürlich gibt es auf dem Weg zum Erfolg auch einige Hürden zu bewältigen. Im vergangenen Jahr wurde Cloudstaff mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie auf die Probe gestellt. Dank der erfolgreichen Kombination von Planung und Führungskompetenz arbeiteten rund 90 % der Mitarbeitenden innerhalb von 48 Stunden von zu Hause aus, was überaus bemerkenswert ist. Lloyd erinnert sich: „Das Team arbeitete wunderbar zusammen. Einige Mitarbeitende arbeiteten die ganze Nacht durch, während Techniker im Büro schliefen, nur um sicherzustellen, dass auch alle online gehen konnten. Wir rannten durch Computerläden und kauften jeden Laptop, den wir in die Finger bekamen.“

Insgesamt hat Cloudstaff die Krise gut überstanden und war in der Lage, seine Mitarbeitenden zu halten und umzuschulen. „Wir hatten mit der Reisebranche zu tun und einige unserer Kunden mussten sich von ihren Angestellten verabschieden. Wir hatten das Glück, dass wir für unsere Mitarbeitende neue Kunden fanden, die ein kontinuierliches Wachstum verzeichneten“, so Lloyd.

Eine neue Welt – doch einige Dinge bleiben unverändert

Lloyd geht davon aus, dass „wohl 20 % unserer Mitarbeitenden von zu Hause aus weiterarbeiten werden und nie wieder ins Büro zurückkehren müssen.” Er gewinnt der neuen Normalität viele positive Aspekte ab: „Die Arbeit von zu Hause aus bietet unseren Mitarbeitenden mehr Flexibilität in der Organisation ihres Tagesablaufs und ermöglicht es ihnen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Ausserdem sparen sie viel Zeit, weil sie nicht mehr pendeln müssen; angesichts der örtlichen Verkehrsprobleme kommt dabei ziemlich viel zusammen! Durch das Vermeiden des Strassenverkehrs werden sie zudem eindeutig weniger Gefahren ausgesetzt.

Allerdings glaubt Lloyd auch, dass sich einige Dinge nicht ändern werden: „Wir werden weiterhin versuchen, die besten Talente zu gewinnen, indem wir sicherstellen, dass unsere Mitarbeitenden optimal betreut werden. Wenn es uns gelingt, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen, gewinnen wir automatisch auch Kunden und sichern unseren Investoren attraktive Renditen.“


Navegar Fund II

  • Fondsvolumen 196,85 Mio. USD
  • SIFEM-Investition von 15 Mio. USD im Jahr 2019
  • 19 Mitarbeitende bei Navegar
  • Derzeit zwei Portfoliounternehmen im Navegar Fund II
     

Weitere Informationen

Cloudstaff

  • Mehr als 3 500 Mitarbeitende
  • Sieben Standorte auf den Philippinen

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